TAGEBUCH (Beginn: 29.8.2024),
erstellt durch Kerstin von Freytag Löringhoff, Historikerin/ Diplompsychologin, Betreiberin des Museums der 50er Jahre seit Mitte 2000. 2004 siedelte es aus Cuxhaven nach Bremerhaven in die jüngst unter Denkmalschutz gestellte alte US-Kirche auf dem einstigen Kasernengelände „Carl Schurz“ der US Streitkräfte über und ist dort heute massiv in seiner Existenz bedroht.
Danke, dass Sie an der Entwicklung des Museums der 50er Jahre Anteil nehmen! Bitte unterstützen Sie seinen Erhalt durch Ihre Beteiligung an den Petitionen des Museums (Stand 3.9. 24: Bhv-Homepage als die entscheidende Stelle: 287 Unterschriften; change.org: 536; physisch im Museum und an anderen Orten: insgesamt 665). Bei der Stadt kann innerhalb der vorgegebenen 6 Wochen noch bis zum 13. 9.24 unterschrieben werden.
Das Folgende halte ich sehr persönlich und nutzte die Museums-HP, um mich überhaupt in irgendeiner Form auch einmal selbst zu dem derzeitigen Vorgang äußern zu können.
Do, 29.8.2024
Bis zur Deadline der von der BIS dem Museum Mitte 1/24 zugesandten Kündigung zum 30.9. 24 sind es nur noch 32 Tage. Und was dann? Steht das Museum dann auf der Straße? Die BIS: „Hier muss es weg!“ Die Stadt: „Hier kann es nicht hin!“ Beide: „Ersatzort nicht da!“ Obgleich ich der BIS ein Kirchen-Kaufangebot machte ( sei dort „nicht eingegangen“!) soll statt des Museums eine Disco in die US-Kirche hinein. Ich mache der BIS nun noch einmal ein Kaufangebot. Diese kündigte für den Fall, dass das Museum bis zum 30.9.2024 nicht aus der Küche verschwunden sei, folgende Maßnahmen an: Räumungsklage, Räumung per Spedition, Einlagerung € 2000 / Monat. Alle Kosten stelle man mir in Rechnung. DAS als der Umgang in Bremerhaven mit Ehrenamtlichen? In einer armen Stadt arbeiten 2 Historiker:innen 20 Jahre ohne Bezahlung, und dann auch noch Vorwürfe? Alles für Bhv nicht genug? Die BIS: Ich hätte nun genug Zeit gehabt, das Museum in einen „Wirtschaftsbetrieb“ zu überführen – zu fordern auf Gewerbegebiet. Die Kirche sei ohnehin viel zu abgelegen, um dort ein Museum zu betreiben.
1.) Die Faktoren „Gewerbegebiet“ und „Abgelegenheit“ gab es auch schon vor 20 Jahren, als Herr Schnorrenberger selber das Museum in die Kirche hineinbrachte. An einen Ort, von dem er bereits wusste, dass es dort gar nicht erfolgreich zu betreiben sein würde?
2.) Museen sind generell nicht vorrangig Wirtschaftsbetriebe, sondern zur Erhaltung von Kulturgut mit seinem identitätsstiftenden Erinnerungswert gedacht, und diese kostet etwas. Für BHv ging es, was Kosten angeht, 20 Jahre ziemlich glatt: Die Stadt hatte einen Kulturort, für den sie nichts bezahlen musste, abgesehen von der nur symbolischen Miete der BIS, die froh zu sein hatte, dass das seit 1993 vakante Gebäude überhaupt „bewohnt“ wurde. Die BIS heute: durch das Museum habe sie 400.000 € verloren! Wie hätte ich als ehrenamtliche Betreiberin, die das Museum aus eigener Kraft und ohne jede städtische Hilfe zu einem für Bremerhaven so kostengünstigen kulturell-touristischen Ort machte, an dieser abgelegenen Stätte auch noch zu einem „Wirtschaftsbetrieb“ machen sollen? Herr Schnorrenberger wird für seine Arbeit bezahlt – ich nicht. Was denkt er sich, was ich trotzdem alles zu leisten hätte??
Heute besuchten Rüdiger, mein Ehemann der mich seit 32 Jahren bei den Betrieb des Museums unterstützt, und ich die Stadtverordnetenversammlung im Forum Fischbahnhof. Dort hatten die Grünen einen Eilantrag eingebracht, weil es für das Museum der 50er Jahre zeitlich inzwischen richtig brennt und Dringlichkeit mit Sicherheit gegeben war. Wir waren darauf vorbereitet, dass der Antrag wg. der politischen Mehrheiten nicht durchgehen würde, und so kam es auch. Angeführt wurden rein formale Gründe, die aber genügten, das Thema Museum nicht in die Tagesordnung aufzunehmen. War zu erwarten gewesen. Enttäuschend dann aber doch, das vor Ort eins-zu-eins mitzuerleben.
Fr, 30.8.2024. Noch 31 Tage. Und dann?
Heute Mittag kam Herr Yildirim ins Museum. Ihm schien das zu passieren, was den Meisten in dem Museum passiert: Er wurde in die Atmosphäre, die die Vergangenheits- Gegenstände erzeugen, förmlich „hineingesogen“ und sagte: „Das muss ich meinen Kindern zeigen.“ Das ist ja der Sinn und Zweck des Museums! Dass nachfolgende Generationen durch Anschauung ins Nachdenken über frühere Zeiten geraten! In den Monaten seit der BIS-Kündigung vom 16.1. 24 war ich noch nie wirklich mutlos gewesen, weil ich immer dachte, das Gute wird siegen – das Museum wird bestimmt erhalten bleiben. Heute begann ich daran zu zweifeln, denn wenn sogar überzeugte Museumsunterstützer sagen, gegen den Bhv-Politikklüngel mit seinen Hinterzimmer- Absprachen kann keiner ankommen, da müsst Ihr Euch einnorden und dabei mitmachen, wenn ihr überleben wollt, verliere ich so langsam mein Zutrauen. Auf das Angebot Herrn Yildirims werde ich wohl eingehen müssen: Mit seiner Unterstützung könnte immerhin auf Auszugs-Aufschub erreicht werden.
Di, 3.9.2024. Noch 27 Tage. Und dann?
Heute kam es von der BIS noch dicker: Es hieß schriftlich, wenn das Museum am 30. 9. 24 nicht aus der Kirche heraus sei, koste jeder Tag € 67,50 zuzüglich € 5 Verwaltungskosten. Das wären weit mehr als die bisher angekündigten 2000€ pro Monat. Von mir als Betreiberin alles ohnehin nicht leistbar. Außerdem komme die Räumungsklage. All das heißt: Der von meinem Mann der Stadt als Eigenanteil bei Fördermitteln angebotene sechsstellige Betrag kommt nicht Bhv zugute, sondern geht zur Bewältigung der BIS-Räumungsklage und für die täglichen Kosten eines Museumsverbleibs in der Kirche drauf, bis ein Ersatzort kommt, was dauern kann. Kann die BIS es noch über gestalten? Daran gehen wir privat doch total kaputt! Mein Mann hat der Stadt ein Angebot gemacht. Wenn ich als eigentliche Betreiberin des Museums all das zahlen soll, muss ich mein Haus verkaufen. Der BIS scheint nicht nur das Museum komplett egal zu sein, auch ich als die, die einst im Vertrauen auf ein Beispringen Vieler beim Thema „Mehr Erinnerungen in Deutschland!“ etwas wagte, durch das in BIS- Abhängigkeit geriet, die mir heute alles Vorgehen diktieren kann. Die BIS besitzt als Druckmittel die von mir ab 2004 im US-Supermarket eingelagerten originalen Geschäftsinventare aus Bhv.
Heute erschien außerdem ein Kommentar von Stadtrat Frost zu den Museums-Petitionen. Damit beschäftige ich mich morgen.
Do, 26.9.2024
Mir wurde empfohlen, dass Tagebuch vorerst nicht weiterzuführen.